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Bleiben Sie gelassen!


Schon Paul Watzlawick wusste: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Würde der österreichische Kommunikationstheoretiker heute noch leben, würde er möglicherweise diesen Satz noch ein wenig präzisieren: „Man kann nicht nicht auf Social Media vorkommen.“

Für Ärzte heißt das: Selbst wenn Sie Ihren Patienten keine Möglichkeit von Online-Bewertungen auf Arztbewertungsportalen geben, heißt das noch lange nicht, dass Sie nicht dennoch auf Facebook oder anderen Social Media Kanälen Gegenstand von Diskussionen sein können. Denn der Tratsch im Netz lässt sich weder verhindern noch – oder zumindest nur sehr schwer - steuern. Und so wie im Offline-Leben auch, machen Menschen ihrem Ärger lieber schneller und deutlicher Luft als positive Worte über Erlebtes zu verlieren. Denn zu gute Bewertungen scheinen eher unglaubwürdig als ehrlich und machen zunächst skeptisch. Tipps für den Umgang mit negativen Bewertungen sind daher gefragt!

Für die authentische Arzt-Patienten-Kommunikation ist es empfehlenswert, sowohl auf positive als auch auf kritische Bewertungen einzugehen. Positives Feedback kann mit einem Dank beantwortet werden, wobei einzelne Aspekte aus der Bewertung aufgegriffen werden. Auf negative Bewertungen oder Beschwerden gilt es konstruktiv einzugehen, um weitere kritische Kommentare zu verhindern.

 

Keine Angst vor Kritik

Schlechte Bewertungen lösen bei den Betroffenen zunächst vermutlich Ärger, Unverständnis und Betroffenheit aus. Wer jetzt souverän reagiert, kann aus der Situation gestärkt hervorgehen. Auf Bewertungen zu antworten – positive wie negative – ist in vielen Firmen eine Hauptaufgabe im Kundenservice. Bei diesen Mitarbeitern ist hohe Frustrationstoleranz, Geduld und Einfühlungsvermögen besonders gefragt. Und darum geht es auch, wenn Sie Kommentare beantworten. Patienten haben häufig Verständnis dafür, dass nicht immer alles perfekt läuft. Was jedoch erwartet wird: es muss jemand dafür die Verantwortung übernehmen, erklären warum es dazu kommen kann und wieder gerade biegen, was passiert ist. Daher ist eine durchdachte Antwort auf eine negative Bewertung, einen abfälligen Kommentar oder Kritik weit mehr als nur gute Verteidigung. Sie zeigen damit Empathie, Verständnis und Menschlichkeit – all das wird von einem Arzt ohnehin erwartet und kann ihnen daher nur Pluspunkte bringen. Die richtige Reaktion ist eine Chance, die Sache wieder ins rechte Lot zu rücken und nicht nur einen enttäuschten Patienten zurück, sondern auch neue Patienten dazu zu gewinnen. Denken Sie daran: Ein negativer Kommentar ist zunächst eine (Einzel-)Meinung und kein Urteil. Reagieren Sie auf keinen Fall sofort und emotional, sondern gewinnen Sie ein wenig Abstand. Mit Formulierungen wie „Danke für Ihre Nachricht, wir werden uns rasch darum kümmern.“ gewinnen Sie auch Zeit, um eventuell erforderliche Recherchen anzustellen. Mehr als zwei oder drei Tage sollten jedoch nicht vergehen, sonst könnte rasch weitere Kritik folgen. Versuchen Sie herauszufinden, was hinter dem Kommentar steckt und – wenn möglich – was wirklich passiert ist. Wer war in den Vorfall involviert? Richtet sich die Kritik gegen Mitarbeiter oder gegen Sie selbst? Handelt es sich um ein medizinisches Thema oder organisatorische Versäumnisse?

 

Klare Antworten

Haben Sie die erforderliche Information gefunden, so antworten Sie sachlich, einfach und klar. Versuchen Sie zu begründen und verzichten Sie auf jeden Fall auf Gegenanschuldigen. Verstecken Sie sich nicht hinter leeren Floskeln, denn ein flapsiges „Sorry“ reicht nicht als Antwort. So zeigt etwa eine Studie der Ohio State University und der Eastern Kentucky University (1), dass eine effektive Entschuldigung emphatisch und spezifisch sein muss. Kritische Bewertungen enthalten meist auch positive Elemente oder Anregungen – greifen Sie diese auf und beziehen Sie sich in Ihrer Antwort darauf. Zum Beispiel: „Wir sind normalerweise bekannt für unsere außergewöhnliche Detailverliebtheit und bedauern es daher, dass wir ….“

 

Gespräch anbieten

Oft gibt es im Internet so genannte „Trolle“ – vor allem auf Facebook und Twitter. Ihr Ziel ist es nicht tatsächliche Missstände aufzuzeigen und Verbesserung zu fordern, sondern schlichtweg Langeweile, Spaß und Unterhaltung. Sie wollen hauptsächlich Unfrieden stiften, ohne tatsächlich an einer Lösung interessiert zu sein. Haben Sie den Eindruck, dass wiederholt negative Bewertungen einer Grundlage entbehren und möglicherweise immer dieselbe Person dahintersteckt, so bieten Sie persönlichen Kontakt oder ein Gespräch an. Ist der Absender der Bewertung nicht bekannt, könnte eine Formulierung lauten: „Bitte sprechen Sie uns beim nächsten Besuch direkt vor Ort in der Ordination darauf an, wie werden uns um eine Lösung bemühen.“ oder „Gerne würde ich mit Ihnen persönliche darüber sprechen, Sie erreichen mich…“

 

Veränderung anstoßen

Der offene Umgang mit Kritik signalisiert anderen Patienten, dass ihre Belange ernst genommen werden. Negatives Feedback kann auch ein Licht auf blinde Flecken werfen. Daher stellen Sie sich die Frage: Was habe ich von der negativen Bewertung gelernt? Welche Handlungsmaßnahmen kann ich ableiten? Zeigen Sie, dass Sie aktiv werden und das Problem beseitigen. Die Antwort kann zum Beispiel lauten: „Wir haben Ihre Kritikpunkte ausführlich im Team besprochen, damit so etwas nicht noch einmal vorkommt.” Ein „Danke für das Feedback“ oder „Danke, dass Sie uns darauf aufmerksam gemacht haben“ ist auf jeden Fall eine wichtige Komponente in einer gut formulierten Antwort.

 

Fakt oder Fake?

Ein besonderes Ärgernis ist die gefälschte und unfaire Bewertung, die auf keiner nachvollziehbaren Grundlage basiert. Sie können diese Fake-Bewertungen einfach erkennen, denn meist ist der Absender nicht bekannt oder gar nie Ihr Patient gewesen. Details zu den Vorfällen fehlen und die Anschuldigungen sind oberflächlich und allgemein. Ungewöhnlich ist auch eine Reihe an schlechten Bewertungen innerhalb kurzer Zeit und die Nennung von Mitbewerbern. In diesem Fall gibt es die Möglichkeit, schlechte Bewertungen entfernen zu lassen, doch ist es meist ein langwieriger Prozess. Nehmen Sie in diesem Fall Kontakt mit dem Betreiber der Plattform auf und bitten Sie um Löschung des Eintrages. Bei extremen Bewertungen oder übler Nachrede kann mit Hilfe eines Anwalts auch rechtlich vorgegangen werden.

QUELLE: (1) Roy J. Lwicki, Beth Polin, Robert Lount, An Exploration of the Structure of Effective Apologies, doi.org/10.1111/ncmr.12073



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