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So erleben Patientinnen und Patienten die Arztkommunikation


Im Laufe des Berufslebens führen Ärztinnen und Ärzte rund 400.000 Gespräche mit Patientinnen, Patienten und Angehörigen. Grund genug, auf eine gute Qualität bei diesen Gesprächen zu achten und das Gegenüber erfolgreich abzuholen.1

Wenn es um Diagnose und Therapie geht, werden Botschaften rasch komplex. Betroffene stehen unter Anspannung, haben Sorgen, Ängste oder Schmerzen und sind daher verständlicherweise nicht immer voll bei der Sache. Mitunter stehen schwierige Entscheidungen für den weiteren Behandlungsverlauf an. Die Ausgangssituation ist für die Ärztinnen und Ärzte daher nicht einfach. Gelingt es ihnen, die Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner– gut abzuholen, gelingt eine vertrauensvolle Beziehung und der Erfolg der Zusammenarbeit steigt. Das ist besonders bei Menschen mit chronischen Erkrankungen wichtig, da hier die Therapie oft über viele Jahre läuft und häufig eine Genesung nicht möglich ist. Hohe Frustrationstoleranz auf beiden Seiten ist erforderlich.

 

 

Chronisch krank – und jetzt? 

Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Spectra, die im Rahmen des PMCA präsentiert wurde2, hat genau diese Zielgruppe ins Visier genommen und hinterfragt, wie es um die Arzt-Patienten-Kommunikation aus Sicht der Betroffenen steht. Befragt wurden 206 Österreicherinnen und Österreicher, die an einer diagnostizierten chronischen Erkrankung leiden und die innerhalb der letzten sechs Monate eine medikamentöse Ersteinstellung oder Umstellung hatten. Alle Befragten sind auf eine medikamentöse Dauertherapie eingestellt. Die Interviews wurden im März 2022 online durchgeführt. Der überwiegende Anteil der Befragten wird vorwiegend im niedergelassenen Bereich behandelt, wo auch die Ersteinstellung oder letztmalige Umstellung der Medikation erfolgte. Bei den genannten Indikationen waren Hypertonie, chronische Nacken- bzw. Rückenschmerzen sowie Diabetes unter den Top drei Nennungen.

Während sich noch vor zehn Jahren 44 % der chronisch Kranken als „aktive Patientinnen und Patienten“ bezeichneten, die sich in die Therapieentscheidungen einbringen, sind es aktuell bereits 61 %. Häufig sind es Frauen und jüngere Patientinnen und Patienten, die selbst Behandlungsvorschläge machen oder nach bestimmten Medikamenten fragen. 17 % geben an, sich üblicherweise von einem Angehörigen begleiten zu lassen – als seelische Stütze, aber auch, weil es oft schwerfällt, die Fülle an Information zu überblicken. Wie wichtig die Begleitung ist, zeigen Gedanken und Gefühle zum Zeitpunkt der Diagnose: Sie reichen von Angst und Hilflosigkeit bis hin zur Verzweiflung. Auch gibt ein Drittel der Befragten an, zum Zeitpunkt der Diagnose über die Erkrankung nicht ausreichend informiert gewesen zu sein. Das macht eine aktive Beteiligung am Behandlungsprozess besonders schwierig.

 

 

Information entscheidet 

Im Falle der Diagnose einer chronischen Erkrankung kann offensichtlich die Information darüber nie genug sein, wobei es allen voran auf die Empathie der Ärztin oder des Arztes ankommt. 25 % der Befragten hätten sich gerne mehr Information oder Gespräche gewünscht, als sie zum ersten Mal von ihrer Erkrankung erfahren haben. Bei der Therapieumstellung sind es nur mehr 12 %, die mit der Kommunikation nicht ausreichend zufrieden waren. Gefehlt haben vor allem die ausreichende Aufklärung über Wirkung und Nebenwirkung (33 %) sowie über zusätzliche Maßnahmen, wie zum Beispiel Physiotherapie (13 %). Obwohl der überwiegende Teil (83 %) die präsentierten Informationen als sehr leicht oder leicht verständlich wahrgenommen hat, sagt immerhin fast jeder fünfte Befragte, dass nicht alles, was die Ärztin oder der Arzt erklärt hat, verständlich war oder überhaupt keine Zeit blieb, ausreichend auf Fragen einzugehen. Wenn sich Patienteninnen und Patienten im Behandlungsumfeld nicht ausreichend informiert fühlen, greifen sie zu „Dr. Google“ oder fragen im Freundeskreis nach.

 

Adhärenz lässt zu wünschen übrig

Zusätzliches Informationsmaterial, zum Beispiel Broschüren oder Folder, führen zwar dazu, dass sich die Patientinnen und Patienten besser beraten fühlen, jedoch ändert es nichts an der Therapietreue. Warum Patientinnen und Patienten nicht immer entsprechend der ärztlichen Empfehlung handeln, ist leicht erklärt: Sie vergessen auf die Einnahme von Medikamenten oder sie meinen, ihren Körper und seine Bedürfnisse im Zusammenhang mit der Krankheit selbst besser zu kennen. 30 % geben an, ohne ärztliche Rücksprache schon einmal eine medikamentöse Therapie abgebrochen zu haben. Ergebnisse aus der HLS19‐Studie3 weisen ebenfalls auf Herausforderungen im Bereich der aktiven Beteiligung von Patientinnen und Patienten hin. Dazu zählen ausreichende Gesprächszeit, verständliche Sprache, das Einholen persönlicher Ansichten und Vorstellungen, aktives Zuhören und das Beteiligen an Entscheidungen.

Quellen:

  1. oepgk.at/gute-gespraechsqualitaet-im-gesundheitssystem/
  2. PMCA (www.pmca.at), (Miss)Verständnis im Arzt-Patienten-Gespräch: Mythos versus Fakten, Vortrag via Zoom, 25.4.2022
  3. Griebler, Robert; Straßmayr, Christa; Mikšová, Dominika; Link, Thomas; Nowak, Peter und die Arbeitsgruppe Gesundheitskompetenz-Messung der ÖPGK (2021): Gesundheitskompetenz in Österreich: Ergebnisse der österreichischen Gesundheitskompetenzerhebung HLS19-AT. Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Wien

 

 


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